Rosa Kempf

Dr. rer. pol. Rosa Kempf „Wer war Dr. rer. pol. Rosa Kempf? Ihre Biographie weist verschiedene Aspekte auf: Volksschullehrerin, Studentin in ‚reiferen Jahren‘, Nationalökonomin, Gründungsdirektorin des Frankfurter Frauenseminars für soziale Berufsarbeit, Mitglied der provisorischen bayerischen Nationalversammlung und kurze Zeit Landtagsabgeordnete für die Deutsche Volkspartei/DDP in Bayern, Dozentin für Volkswirtschaft und Autorin zahlreicher Aufsätze zu Frauenerwerbsarbeit und Frauenpolitik unter anderem im "Centralblatt des Bundes Deutscher Frauenvereine" (BDF), in der "Frauenbewegung", in der"Frau", der "Sozialen Praxis" und der "Hilfe". Rosa Kempf war eine interessante, widersprüchliche Persönlichkeit, die es noch zu entdecken gilt. Sie starb am 3. Februar 1948, wenige Tage vor ihrem 74. Geburtstag, in Darmstadt“, schreibt Elke Reining.1 „Rosa Kempf selbst hatte sich zeitlebens an die Eindrücke ihrer Kindheit an die Wälder und Wiesenthäler der Heimat erinnert, obwohl sie als Erwachsene in den Großstädten München und Frankfurt/M. lebte und arbeitete. Auch ihr Frauenideal wurde durch frühe Erlebnisse bestimmt: Ich erinnere mich aus meiner Jugend mit Freuden der stolzen Bäuerinnen einer wirtschaftlich aufblühenden Gegend, die das berechtigte Selbstbewußtsein des Unternehmers verbanden mit der mütterlichen Sorge für das Wohlergehen für Mensch und Vieh, die auf dem Hofe ihrer Pflege anvertraut waren. Diese erlebte Verbindung von Mütterlichkeit mit selbstsicherer Lebenstüchtigkeit ließ in mir schon in der Kindheit ein anderes Frauenideal erstehen, als es in den gebildeten Kreisen gepflegt wird, und schon damals und noch jetzt erscheint mir der Bäuerin gegenüber das Los der Frauen meiner sozialen Klasse, wo die Frau mit Leib und Seele, auch mit der Betätigung ihrer Mütterlichkeit, vollständig von der moralischen und wirtschaftlichen Qualität ihres Gatten abhängt, als ein klägliches. Nicht das Leben ihrer – ausschließlich ehrenamtlich tätigen – Mutter, sondern das der weit selbständigeren Bäuerinnen wurden ihr zum Vorbild. So war sie sehr stolz auf ihre Unabhängigkeit und arbeitete für dieses Ziel ihr Leben lang. Die berufliche und damit wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen galten ihr immer als wichtigste Basis für eine Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen.“2 1874, 8. Febr.: Rosa Kempf wurde als 3. von 4 Kindern des praktischen Arztes Dr. Jakob Kempf und dessen Ehefrau Emma, geb. Falciola, in Birnbach/Rottal geboren.3 1 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 22. 2 Reining Elke: „Rosa Kempf, Lehrerin, Frauenrechtlerin, Politikerin und Bayerin“. In: Bad Birnbacher Heimatheft 1998, Band 8, S. 74. 3 Bad Birnbach, Pfarrmatrikel, Taufbuch, Eintrag 8.2.1874 (matricula.de).

Geburtsregister Pfarrei Birnbach 1874 17 Rosa, leg(al). Hollnbacher Elise Kempf Jakob Praktischer Arzt Birnbach Emma, geb. Falciolla uxor ejus 8. Februar 1 ½ Uhr nachts 8. Febr. in Birnbach Miehle Anton Stuber Pfarrvikar von Thyrlaching Rosa Auer Kaufmannsfrau v. Birnbach

Hebamme Vater Mutter (Italienerin) Geburt Taufe (Koadjutor) Taufspender (In Tyrlaching war Dr. J. Kempf kurzzeitig 1871 tätig.) (die Auer waren eine Kaufmannsfamilie in BB.) Das ehemalige Wohnhaus von Dr. Kempf (Postkartenausschnitt um 1900), jetzt Neubau Pfarrkirchnerstraße 174 Ab ca. 1890: Nachdem sie mit 14 Jahren die Volksschule abgeschlossen hatte, ging sie nach München, um sich auf der Präparandenschule für das Lehrerinnenseminar vorzubereiten. 5 4 Postkartenansicht (Ausschnitt Postkarte Zeichnung Birnbach) um ca. 1910. 5 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 22- 45.

Rosa Kempf (wikipedia: Ida-Seele-Archiv) 1892 „absolvierte sie als 18jährige das Lehrerinnenseminar in München. Anschließend unterrichtete sie vier Jahre lang als Hilfslehrerin an der Dorfschule in Wolfakirchen in Niederbayern.“6 6 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. Ab S. 69 ff. (Internetsignatur angeben).

Personalstammblatt als Schulgehilfin für Wolfakirchen7 7 Reining Elke: Bad Birnbacher Heimatheft Band 8/1998, S. 83.

1900: Nach einer Versetzung nach München legte sie die Staatsprüfung als Volksschullehrerin ab und erhielt eine feste Anstellung. Sie unterrichtete insgesamt 20 Jahre (ab 1892) in Niederbayern und München.8 1904: Am Theresien-Gymnasium holte sie als Externe das „Gymnasial-Absolutorium“ nach.9 1905: Rosa Kempf immatrikulierte sich mit 31 Jahren zum Wintersemester 1905 für das Studium der Philosophie und der Staatswissenschaften an der Münchner Universität. Sie arbeitete mit an einem Forschungsprojekt der Soziologen Alfred und Max Weber über „Auslese und Anpassung der deutschen Arbeiter“.9 1908: Rosa Kempf leitete zusammen mit vier weiteren Frauen, darunter Gustava Heymann, die Münchner Ortsgruppe des „Bayerischen Vereins für Frauenstimmrecht“.10 1909: Nach der Gründung des „Hauptverbandes der bayerischen Frauenvereine“ (HBF) gehörte sie diesem Verband an und hatte gute Kontakte zu Luise Kiesselbach, der Vorsitzenden des HBF.10 1910: Rosa Kempf gehört dem wissenschaftlichen Beirat des „Insitituts für soziale Arbeit“ an, das der „Verein für Fraueninteressen“ in München ins Leben gerufen hatte. Zudem war sie gemeinsam mit Helene Sumper aktiv im Bayerischen Lehrerinnenverein tätig.10 1911: Rosa Kempf promovierte unter Betreuung des Prof. f. Nationalökonomie Lujo von Brentano über „Das Leben der jungen Fabrikmädchen in München“. Im Rahmen der Erstellung ihrer Dissertation arbeitete sie je eine Woche in einer Textil- und einer Holzwarenfabrik. Ihre Erfahrungen beschrieb sie folgendermaßen: „... die in den Fabriken arbeitenden Männer sprechen von den weiblichen Arbeitskräften fast stets von den ‚Weibern’, während die Frauen und Mädchen von ihren Arbeitskollegen als von ’Herren’ sprechen. Die Männer allein sind beruflich gebildet, sie allein werden Vorarbeiter und Meister, und stehen an den wichtigsten Posten, verteilen die Arbeit an die Frauen und kontrollieren sie; Männer allein verdienen so hohen Lohn, daß sie ihren eigenen Lebensunterhalt decken können.“11 8 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 23. 9 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. Ab S. 69. 10 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. Ab S. 70 ff. 11 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. Ab S. 110 ff.

Professor Dr. Ludwig Joseph von Brentano (18. December 1844 – 9. September 1931) Rosa Kempf promovierte 1911 bei Lujo Brentano mit „summa cum laude“ zum Thema „Das Leben der jungen Fabrikmädchen in München“. „Die praxisnahe, anschauliche und kenntnisreiche Doktorarbeit der damals 37jährigen Rosa Kempf ist heute noch lesenswert und wurde von ihrem Doktorvater, dem Staatswissenschaftler Lujo von Brentano bewertet mit ‚als wissenschaftlich und schriftstellerisch gleich hervorragend‘. Diese Beurteilung ist umso bemerkenswerter, als Brentano keineswegs ein Freund des erst seit 1903 in Bayern genehmigten Frauenstudiums war: ‚Weibliche Hörer sind mir ein Greuel, sie wissen und verstehen nichts, machen sich nur wichtig mit dem Besuch der Universität‘. Rosa Kempf wäre sehr gerne als Wissenschaftlerin an der Universität geblieben, aber die Zeit war dafür noch nicht reif.“12 12 Sommer Karin: „Sieg des Geistes über die Brutalität – dann sind wir frei“. In Maximilianeum, Beilage der Bayerischen Staatszeitung, Nr. 5, Juni 2002:

1914-1917: Direktorin am „Frauenseminar für Berufsarbeit“ in Frankfurt. „Ab 1914 leitete Rosa Kempf, die zuvor als wissenschaftliche Assistentin am Frankfurter Institut für Gemeinwohl tätig war, das neugegründete ‚Frauenseminar für soziale Berufsarbeit‘ in Frankfurt/Main. Dieses wurde im Jahre 1913 vom ‚Verein Frauenseminar für soziale Berufsarbeit‘ (gegr. am 30. Januar 1913) unter seinem 1. Vorsitzenden, dem damaligen Frankfurter Bürgermeister Hermann Luppe, ins Leben gerufen. Die Ausbildungsstätte avancierte unter Rosa Kempfs Federführung in kürzester Zeit zu einer der anerkanntesten Sozialen Frauenschule in Deutschland“.13 13 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 26.

1916: Rosa Kempf wurde Mitglied im Vorstand des „Deutschen Reichsverbandes für Frauenstimmrecht“.14 1918: „Gegen Ende des Ersten Weltkrieges wechselte Rosa Kempf von Frankfurt – wieder als Direktorin – an eine ähnliche Schule nach Düsseldorf. Aber dort konnte sie nicht so frei und selbständig arbeiten, wie sie es gewohnt war. Einer der Gründer dieser Schule, der Geheime Medizinalrat Dr. Schloßmann, versuchte, ihr in ihrer Arbeit Vorschriften zu machen. Rosa Kempf opponierte dagegen. Als die Düsseldorfer Regierung ihr eine lebenslange Rente aussetzte, war sie jedoch bereit, aus dem Arbeitsvertrag zurückzutreten. Diese Rente war offensichtlich nicht gerade niedrig, so daß sie seitdem finanziell unabhängig war. Aber Rosa Kempf hatte nicht die Persönlichkeit, um sich mit 44 Jahren zur Ruhe zu setzen. Sie wollte für die Sache arbeiten, die ihr am Herzen lag: die politische Gleichberechtigung von Männern und Frauen und gerechtere Arbeitsbedingungen für die Frauen aller sozialen Schichten.“15 1918, 16. Nov. In Bayern gründete sich die DDP/DVP. „Rosa Kempf wurde in den Parteivorsitz gewählt und war Stellvertreterin des Parteivorsitzenden Dr. Georg Hohmann.“16 1918: „Rosa Kempf hatte die Revolution zwar nicht ‚mitgemacht‘, aber ‚mit Begeisterung miterlebt‘, denn diese Revolution brachte den Frauen die vollen staatsbürgerlichen Rechte. Sie gehörte mit acht weiteren Frauen aus dem HBF, darunter Luise Kiesselbach und Helene Sumper, dem Münchner Arbeiterrat an.“17 14 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. Ab S. 70 ff. 15 Reining Elke: „Rosa Kempf, Lehrerin, Frauenrechtlerin, Politikerin und Bayerin“ Bad Birnbacher Heimatheft 1998, Band 8, S. 77 16 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. S. 70 . 17 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. S. 70 .

Dr. Rosa Kempf (1920). © Bildarchiv des Bayerischen Landtags 1918, 7.Nov.: „Obwohl Kurt Eisner am 7. November 1918 das Frauenwahlrecht proklamierte und einen maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung des provisorischen Nationalrates besaß, befanden sich in seinem ‚revolutionären Parlament‘ unter den 256 Delegierten nur acht Frauen. - Hedwig Kämpfer, Kaufmannsgattin, war einziges weibliches Mitglied im Landesarbeiterrat. - Aloisia Eberle, Verbandssekretärin, war eine der fünf Vertreter des Ortskartells der ChristlichenGewerkschaften Münchens und des Bezirksverbands der katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine Münchens. - Helene Sumper, Hauptlehrerin a. D., vertrat als einziges Mitglied den Bayerischen Lehrerinnenverein. - Marie Sturm, Bezirksoberlehrerin, war einzige Vertreterin des Vereins katholischer Lehrerinnen. - Luise Kiesselbach, Vorsitzende des Hauptverbandes bayerischer Frauenvereine in München, gehörte als einzige Frau dem Rat geistiger Arbeiter an, neben 4 männlichen Mitgliedern. - Emilie Maurer, Obersekretärsgattin in München, vertrat als – einziges – Mitglied den Sozialdemokratischen Frauenverein München.

- Dr. Rosa Kempf, Studiendirektorin a. D., vertrat als – einziges – Mitglied den Hauptverband der bayerischen Frauenvereine (HBF). - Dr. Anita Augspurg gehörte als – einzige – Vertreterin des Vereins für Frauenstimmrecht ebenfalls dem provisorischen Nationalrat an.“18 1918, 18. Dez.: Rosa Kempf hält als Vertreterin des „Hauptverbandes der bayerischen Frauenvereine“ eine vielbeachtete einstündige Rede im provisorischen Nationalrat, die auch als die erste Rede einer Frau in einem bayerischen Parlament überhaupt gilt.19 1919: Als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei kandidierte Rosa Kempf für den 1. Landtag des Freistaates Bayern (21.2.1919 bis 2.6.1920) für die Stimmkreise München IV und XI, erhielt ein Mandat und wurde zu einer der aktivsten weiblichen Abgeordneten. Sie thematisierte hier vor allem die hohe Bedeutung des Frauenstimmrechtes und brachte im Plenum des revolutionären Übergangsparlamentes ihre Frauenforderungen vor.3 Sie war auch Mitglied im Verfassungs-Ausschuss des Landtages.20 1919, 12. Januar: (Pfalz: 3. Februar 1919) Die erste Wahl wurde bereits wenige Tage nach der Novemberrevolution angekündigt. Die Wahlberechtigten, insbesondere erstmals auch die Frauen, machten von ihrem Stimmrecht in großer Zahl Gebrauch: Die Wahlbeteiligung lag bei ca. 86 %. 21 Die ersten acht weiblichen Abgeordneten sollen hier namentlich genannt werden: Ellen Ammann (BVP), Aurelie Deffner (SPD), Aloisia Eberle (BVP), Käthe Günther (DDP), Dr. Rosa Kempf (DDP), Emilie Mauerer (SPD) und Therese Schmitt (BVP). Im Nach- rückverfahren gelang dann auch Freiin Marie von Gebsattel für die BVP der Sprung in den Bayerischen Landtag. Von den 180 Abgeordneten waren damit 4,4 % weiblich.22 18 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. S. 233 . 19 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. S. 70 . 20 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. Ab S. 216 ff. 21 Historisches Lexikon Bayerns, Dirk Götschmann. [xxx Welcher Beitrag?, Internetadresse]. 22 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. Ab S. 214 ff.

1920: Im Juni 1920 mußte der bayerische Landtag wegen einer Staatskrise erneut gewählt werden. Bei diesen Neuwahlen wurde Rosa Kempf nicht mehr wieder gewählt.23 1921: Rosa Kempf kehrte als nebenamtliche Dozentin und Mitglied des Prüfungsausschusses wieder an ihre Frankfurter Schule zurück,24 wo sie bis 1933 lehrte. Zugleich widmete sie sich sozialwissenschaftlichen Studien und trat als Rednerin auf, gern zu ihren ureigenen Themen Frauenarbeit, Frauenbildung, Wohlfahrtspflege.25 23 Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19, Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen. S. 71 . 24 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 39. 25 Eckhardt Hanna: Frankfurter Personenlexikon. „Rosa Kempf“ (Onlineausgabe), http://frankfurter-personenlexikon.de/node/9936 [letzter Aufruf: xxx].

Vortrag von Dr. Kempf während der 14. Generalversammlung des Bundes deutscher Frauenvereine in Dresden, archiviert im Ida-Seele-Archiv In der Zeit von 1921 bis 1933 veröffentlichte sie ca. 35 Aufsätze.26 Sie war weiterhin in einer ganzen Reihe von Organisationen – zum Teil führend – aktiv: Vorstandsmitglied im Bayerischen Landesverband des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF), Vorstandsmitglied des am 11.5.1926 in Berlin gegründeten Deutschen Akademikerinnenbundes (DAB), Gründungsmitglied und langjährige Vorsitzende der Frankfurter Ortsgruppe des DAB. Sie gehörte der deutschen Delegation an, die 1926 in Amsterdam an der offiziellen Aufnahme des DAB in die International Federation of University Women (IFUW) 26 Keller Marion : in „Warum nur Frauen“ [xxx wie lauten Titel, Ort und Datum der Publikation?] (Frau Dr. rer.pol. Rosa Kempf: Wissenschaftlerin, (Sozial-)Politikerin und Gründungsdirektorin des „Frauenseminars für soziale Berufsarbeit“ S. 109 – 157) S. 151-153.

teilnahm. Sie war Vorsitzende des evangelischen Frauenverbandes Hessen-Nassau, in dessen Namen Sie sich ab 1929 an der Gestaltung von monatlichen Radiosendungen zu Themen der deutschen Frauenbewegung beteiligte.27 1923: Ihre Verbindungen zu München rissen jedoch nie völlig ab. Im April 1923 beispielsweise hörte sie sich eine Rede Hitlers im Circus Krone an und machte sich – wie immer – schriftlich Notizen. Das missfiel den Ordnern, die sie gewalttätig zur Herausgabe allen Schriftmaterials zwangen, das sie bei sich hatte. Vor 27 Keller Marion: in „Warum nur Frauen“ [xxx wie lauten Titel, Ort und Datum der Publikation?] (Frau Dr. rer.pol. Rosa Kempf: Wissenschaftlerin, (Sozial-)Politikerin und Gründungsdirektorin des „Frauenseminars für soziale Berufsarbeit“ S. 109 – 157) S. 143-144.

Gericht schilderte sie ihre Beweggründe, warum sie sich gegen die Herausgabe ihrer Notizen gewehrt hatte. Sie sah es als ihre staatsbürgerliche Pflicht an, herauszufinden, „wie weit sich der Terror, und zwar der organisierte Terror gegen solche Teilnehmer ihrer öffentlichen Versammlungen, die ihnen nicht genehm sind, erstreckt“. Rosa Kempf hatte sich damit offen als Gegnerin der NSDAP positioniert.28 1928: Anfang Oktober 1928 fand in Berlin unter Leitung des Ministeriums für Volkswohlfahrt eine mehrtägige Konferenz statt, auf welcher die von den staatlichen Kommissionen aufgestellten Lehrplanentwürfe abschließend beraten wurden. Rosa Kempf hatte den Vorsitz in der Kommission für Volkswirtschaft.29 1933: Im Zuge der „Gleichschaltung“ des Frauenseminars durch die Nationalsozialisten wurde Rosa Kempf, obwohl schon für 1933 als Prüferin wiederberufen, als „politisch unzuverlässig“ entlassen. Ebenso wurde sie 1933 mit „Berufsverbot“ belegt, obwohl die Schulleitung vehement ihre Partei ergriff. Die 59jährige lebte fortan von ihrer Pension, war aber völlig von jeder politischen oder publizistischen Tätigkeit abgeschnitten. 1944 schrieb sie ihrem Patensohn: „Ich vertue meine Zeit mit blödem Haushaltskram, pflege ein wenig mein (…) Gärtchen, (…) und all die andere Zeit gehört der Lektüre geschichtlicher Bücher. (…) Aber sehr fruchtbar erscheint mir diese Beschäftigung nicht“.30 Dr. Rosa Kempf (Reining: BBH Band 8) 28 Sommer Karin: „Sieg des Geistes über die Brutalität – dann sind wir frei“ Rosa Kempf. In: Maximilianeum, Beilage der Bayerischen Staatszeitung, Nr. 5, Juni 2002. 29 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 40. 30 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 42.

1945: Nach Ende des Zweiten Weltkriegs musste sie ihre Wohnung, in der sie seit über 10 Jahren gelebt hatte, verlassen, da die amerikanische Besatzungsmacht sie beschlagnahmte. Den Wohnungswechsel überstand die 71-jährige psychisch nicht, wiederholt verlor sie die Orientierung und konnte nicht nach Hause finden. Sie wurde von einer ehemaligen Schülerin als „geistig verwirrt“ in das Altenpflegeheim Aumühle bei Darmstadt gebracht.31 1948: Dr. Rosa Kempf starb am 3.2.1948 in (Darmstadt-)Wixhausen an Herzversagen. Sie liegt begraben auf dem Münchener Nordfriedhof.32 2017: Im Münchener Stadtteil Freiham wurde eine Straße nach der Birnbacherin benannt (22. Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied). Elke Reining hatte bereits im Jahr 1998 einen sehr fundierten Beitrag in den Bad Birnbacher Heimatheften veröffentlicht. Sie schrieb: „Mein Beitrag in den ‚Bad Birnbacher Heimatheften‘ richtet sich gegen das Vergessen einer eigenwilligen und kämpferischen Frau. Sie war eine Außenseiterin, auch in der bürgerlichen Frauenbewegung, der sie sich zugehörig fühlte. Ihre eigenwillige Persönlichkeit – oder sollte ich besser von ihrem bayrischen Dickkopf sprechen? – war nicht bereit, eine als richtig empfundene Überzeugung aufzugeben, auch wenn die Mehrheit anderer Meinung war. Rosa Kempf verdient es, in Erinnerung gebracht zu werden.“33 31 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 42. 32 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 42. 33 Reining Elke, „Rosa Kempf, Lehrerin, Frauenrechtlerin, Politikerin und Bayerin“ Bad Birnbacher Heimatheft Band 8/1998, S. 81.

Diese Zusammenfassung der wichtigsten Lebens- u. Berufsdaten ist für eine Informationstafel/Hausgeschichte an dem Gebäude Pfarrkirchner Straße 17 in Bad Birnbach bestimmt, in dem Rosa Kempf ihre ersten Lebensjahre verbrachte. Die hier chronologisch erfassten Informationen stammen im Wesentlichen aus den Veröffentlichungen von - Reining Elke: Rosa Kempf (1874-1948): Lehrerin, Frauenrechtlerin, Politikerin und Bayern (in Bad Birnbacher Heimathefte Band 8/1998). - Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. (In Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1). - Kampf Andrea: Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19 (Diss. v. 27.6.2016, Universität Hagen). - Sommer Karin: „Sieg des Geistes über die Brutalität – dann sind wir frei“ Rosa Kempf, (In Maximilianeum, Beilage der Bayerischen Staatszeitung, Nr. 5, Juni 2002). - Eckhardt Hanna: Frankfurter Personenlexikon. „Rosa Kempf“ (Onlineausgabe). - „Warum nur Frauen – 100 Jahre Ausbildung für soziale Berufe“ Fachhochschule Frankfurt/Main 2014, insb. ab S. 149 ff. - Keller Marion in „Warum nur Frauen“: Frau Dr. rer.pol. Rosa Kempf: Wissenschaftlerin, (Sozial-)Politikerin und Gründungsdirektorin des „Frauenseminars für soziale Berufsarbeit“ S. 109 – 157. - Matrikelbücher von Passau, Kirchdorf, Pfarrkirchen, Tyrlaching, Birnbach (matricula.de), alle Diözese Passau. - Staatsarchiv Landshut: Grundsteuer-Katasterbögen Gemarkung Birnbach. - Wikipedia: Dr. Rosa Kempf. -

Familie Kempf Die Eltern von Dr. Rosa Kempf: Dr. Jakob Kempf Passau St. Nikola *15. 06. 1839 Passau +29.09.1909 Oberviechtach Bataillonsarzt, dann prakt. Arzt in Trostberg34, Birnbach, Pfarrkirchen, wieder Trostberg und danach stellvertretender Bezirksarzt in Oberviechtach Amtliches Verzeichnis der Lehrer, Beamten und Studierenden an der Königlich Bayerischen Ludwig Maximilians Universität in München für das Semester 1864/1865 (Angabe seiner Studentenwohnung in München): Am 9. Nov. 1869 wurde der Bataillonsarzt Dr. Jakob Kempf vom 5. Chevaulegers Regiment Prinz Otto auf Nachsuchen von der Charge enthoben.35 - Am 10. Juni 1870 wurde Dr. Kempf zum Landwehrarzt im 1. Landwehrbataillon ernannt.36 Der prakt. Arzt Dr. Jakob Kempf taucht als behandelnder Arzt erstmals im Birnbacher Sterbebuch am 12. Nov. 1871 auf. Die letzten Einträge im Birnbacher Sterbebuch finden wir für ihn als Arzt am 5. April 1883 (überwiegend westl. Pfarreigebiet). Im Sterbebuch für die Pfarrei Pfarrkirchen ist Dr. Jakob Kempf erstmals als behandelnder Arzt am 10.3.1875 eingetragen, ab April 1876 regelmäßig auch in Pfarrkirchen-Stadt, am 29.12. 1879 als „Dr. Kempf in Pfarrkirchen“. Letztmals findet man ihn als Arzt am 29. April 1883 in Pfarrkirchen im Sterbebuch eingetragen. 34 Schematismus der Zivil- u. Militärärzte von Oberbayern in Königl. Bayer. Kreisamtsblatt von Oberbayern 1870. S. 191/192. 35 Regierungsblatt für das Königreich Bayern, Band 1869, S. 2109 36 Verordnungsblatt – Kriegsministerium v. 29.6.1870, S. 132

Dr. Jakob Kempf war verheiratet mit Emma Falciola (auch Falciolla) *08. 11. 1845 Landstuhl +17. 06. 1909 Oberviechtach „Sie erhielt 1909, nach dem Tode ihres Mannes, vom Roten Kreuz für ihre 32jährige ehrenamtliche Mitarbeit eine Rente zugesprochen. Emma Kempf überlebte ihren Mann nur um wenige Monate.“37 Eheschließung 12. Febr. 1870 4 Kinder von Dr. Jakob Kempf u. Emma Falciola: Hedwig Kempf *22. 12. 1870 Speyer +um 1940 Frankfurt (kinderlos) 1909 königl. bayer. Privatlehrerin in Mailand, nach 1918 in München als Sekretärin, ab 1927 in Frankfurt/Main Anton Kempf *18. 03. 1872 Birnbach +28.03.1945 München (kinderlos) Jurist, bis 1917 Staatsanwalt in München, bis 1927 Oberamtsrichter in Trostberg/Obb., 1927 Landgerichtsdirektor in Straubing, 1938 als Landgerichtsdirektor in Landshut in den Ruhestand versetzt. Verehelicht am 23. März 1909 mit Frl. Maria Antonia Anna Leeb Rosa Kempf *08. 02. 1874 Birnbach +03. 02. 1948 Darmstadt (kinderlos) Lehrerin, Frauenrechtlerin, Politikerin Jakob Kempf *29. 12. 1876 +29. 12. 1876 Pfarrkirchen Eltern von Dr. Jakob Kempf: (Wohn- u. Geschäftssitz in Passau) Jakob Kempf *09. 10. 1795 Trieb/Lichtenfels +19.11.1871 in Passau als Privatier u. ehemal. Regimentsschneider Kleidermacher/Kleiderhändler und Regimentsschneider in Passau 37 Reining Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 23, Anmerkung 5.

Kurier an der Donau: Juni 1841 Immobilie von Jakob Kempf in Passau (Einwohnerverzeichnis):

Donauzeitung: Dezember 1847 1. Ehe: Schneider Jakob Kempf mit Maria Anna Buchbauer Maria Anna Buchbauer Passau *01.04.1803 Passau +14.10.1841 Passau (Mutter von Dr. Jakob Kempf) 2. Ehe: Schneider Jakob Kempf mit Theresia Erd Theresia Erd Kirchberg, Landgericht Simbach *16.04.1812 Kirchberg +02.09.1867 Passau als (Privatiere) Heiratet im März 1842 den Witwer Jakob Kempf Die Birnbacher Zeit der Familie Dr. Jakob Kempf: Dr. Jakob Kempf taucht in den Birnbacher Sterbebüchern als prakt. Arzt erstmals am 12.11.1871 auf. Im gleichen Jahr war er noch vorher mehrmals im Bereich von Trostberg im Sterbebuch von Tyrlaching als Arzt genannt. Dr. Jakob Kempf ist in der Pfarrei Birnbach (Sterbebuch) von November 1871 bis April 1876 sehr häufig nachweisbar.

Der prakt. Arzt Dr. Jakob Kempf erwirbt mit Urkunde des Notars Kornmüller (Griesbach) am 1.2.1873 die neue Plannummer 319 ½ von Joseph Stapfer, Haus-Nr. 48 in Birnbach (Bergmeier-Hof) mit 73 Dezimalen (freieigen) für 650 Gulden. Es handelt sich um eine Teilfläche aus der Weide am Hopfengarten. Der Bauplatz erhält die Haus-Nr. 48 ½ und 1/32 Besitzgröße. Abb. um 1910 des von Dr. Jakob Kempf ca. 1872/73 in (Bad) Birnbach erbauten Hauses, (Abbruch u. Neubau 1987/88)

Grunderwerbs-Eintrag des Bauplatzes in den Grundsteuerakten (StAL.) Wegen der wohl besseren beruflichen Möglichkeiten wechselte er nach nur 5 Jahren von Birnbach nach Pfarrkirchen. Dort finden wir ihn ab April 1876, auch als Stadt-Arzt tituliert, regelmäßig als behandelnder Arzt im Sterbebuch eingetragen. Demnach wird Dr. Jakob Kempf mindestens ab November 1871 bis April 1876 (Verkaufsurkunde) als in Birnbach wohnhaft anzusehen sein. Er ist zwar noch bis April 1883 immer wieder im Birnbacher Sterbebuch eingetragen, jedoch gilt das von 1876 bis 1883 genauso für Eintragungen im Sterbebuch von Pfarrkirchen. Es fällt auch auf, dass Kempf in der Zeit nach 1876 bis April 1883 nur vereinzelt im Ort Birnbach, dafür aber überwiegend für den Bereich Brombach, Hirschbach, Schwaibach im Birnbacher Sterbebuch eingetragen ist. Er ist wohl ab Mai 1883 wieder nach Trostberg verzogen. Und tatsächlich taucht er als „Dr. Kempf, Trostberg“ im Sterbebuch von Tyrlaching einmalig am 5. Sept. 1883 auf.

Am 30. März 1876 verkauft der Arzt Dr. Jakob Kempf den vorstehenden Gesamtbesitz um 12.343,00 Mark zum gemeinsamen Eigenthume an Joseph und Creszenz Bauer. (Umrechnungskurs Gulden/Mark 1:1,7) Bei den damaligen Verhältnissen und Gebräuchen ist es durchaus möglich, dass Dr. Kempf das Haus auf dem Bergmeierhof-Grund erst nach Abmarkung der 73 Dezimalen und Baufertigstellung beim Notar beurkundet hat. Der uralte Bergmeierhof trug die Hausnummer 48 und noch um 1830 hatten alle zu ihm gehörenden Flurstücke im Gemeindegebiet ebenfalls die Flur-Bezeichnung 48. Genauso war es üblich, so einen „Ausbruch“ vom Stammgut eines Hofes in diesem Fall mit der neuen Haus-Nr. 48 ½ zu führen. Das gilt auch für spätere Verkäufe, wobei die entsprechenden Grundstücksteilflächen dann die Hausnummern 481/3, 48¼ usw. erhielten, obwohl diese neuen Hs-Nrn. vergleichsweise sehr weit von der Althof-Stelle entfernt gelegen waren.

Anlagen, Nachträge: 1) Emerenz Meier und Dr. Rosa Kempf Eine missglückte Beziehung „In ihren Briefen aus Amerika an die Waldkirchner Freundin Auguste Unertl klagte die 1906 nach Chicago ausgewanderte niederbayerische Volksdichterin Emerenz Meier am 13. Februar 1922: "Ein gewisser Herr Dr. Kempf überschwemmt mich mit Zeitungsausschnitten und Bitten, ich möchte dieselben in die amerikanische Presse lancieren zu Gunsten Deutschlands." Und am 7. März 1922: "Heute habe ich wieder einen Stoß deutscher Flugschriften gekriegt von dem geduldigen Herrn Kempf aus Frankfurt, dem ich noch immer keine Antwort gegeben." Emerenz Meier, inzwischen Frau Emma Lindgren, hält derlei Propagandaaktionen in den USA mit Recht für sinnlos : "Und nun zu denken, so ein ausländisches, unbekanntes, ganz armes Weib wie ich, sollte, wie Herr Doktor Kempf meinte, etwas für ihr Vaterland tun können!" (14. August 1922). Offenbar unterlag aber Emerenz Meier beim "Herr(n) Dr. Kempf" beziehungsweise "Herrn Kempf aus Frankfurt" einem Irrtum: In Frankfurt am Main läßt sich um diese Zeit laut Auskunft des dortigen Stadtarchivs kein Herr Dr. Kempf nachweisen. Es muß sich vielmehr um Frau Dr. Kempf handeln, die wahrscheinlich in ihren Schreiben an die Dichterin ihren Vornamen abgekürzt hat: Frau Dr. Rosa Kempf, die damals weitbekannte Nationalökonomin, Frauenforscherin und Frauenrechtlerin, eine überaus engagierte Publizistin und Politikerin, die, ursprünglich Volksschullehrerin gewesen ist, dann eine der ersten studierenden Frauen Bayerns, ihre Doktorarbeit bei Professor Lujo von Brentano über "Das Leben der jungen Fabrikmädchen in München" schrieb, die 1911 als Buch in Leipzig erschien, - zur selben Zeit also, da Emerenz Meier sich als Fabrikarbeiterin und Putzfrau in Chicago durchschlug. Rosa Kempf stammte übrigens wie Emerenz Meier aus Niederbayern - aus (Bad) Birnbach, wo sie als Tochter eines Bezirksarztes am 8. Februar 1874, im selben Jahr wie Emerenz Meier, geboren worden ist. - Emerenz Meier, die Sozialrebellin, die in ihrer Heimat erfolglos für Gleichberechtigung kämpfte, und die Frauenrechtlerin Dr. Rosa Kempf: Schade, daß die beiden gleichaltrigen und offensichtlich gleichgesinnten Niederbayerinnen infolge eines Missverständnisses nicht, und sei es auch nur brieflich, zusammenfanden!“38 38 Praxl Paul: aus: Schriften des Stadtarchivs Waldkirchen Nr. 4, Waldkirchen 2008. „Die unbekannte Emerenz Meier“ (Anhang am Schluss des Buches)

2. Die Rede von Frau Dr. rer. pol. Rosa Kempf am 18.12.1918 vor dem provisorischen Nationalrat in München

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