40 Jahre – 40 Bilder
Was den Vorgängen auf dem politischen Parkett folgte, war spannender als jeder Krimi. „Das Bohrgerät ist eingetroffen“, berichtete die PNP am 30. Juli 1973. Gut 150 Meter von der ursprünglichen Bohrung entfernt wurde ein neuer Anlauf unternommen – mit dem technischen Titel „T3“ versehen. Das „T“ steht für Tiefenbohrung, die Zahl für die laufen- de Nummer. Die drei ergibt sich deswegen, weil in den 60er-Jahren eine zweite Bohrung erfolgte, die allerdings auch wieder Öl und Gas als Hintergrund hatte. Doch zurück zur „T3“. Die Tage im August verrannen, und auch der September brach- te zunächst nicht das gewünschte Ergebnis. Die Diskussionen an den Stammtischen im ganzen Landkreis wurden hitziger. Wurde eine Million Mark, damals ein gewaltiges Ver- mögen, förmlich in den Sand gesetzt? Wie heiß die Stimmung war, lässt sich aus den Be- richten in der PNP ablesen. Am 8. September schreibt Viktor Gröll sen. im Pfarrkirchner Wochenspiegel der PNP: „Die Niederteufung war ein Erfolg, die Angaben des Geologi- schen Landesamtes haben sich voll bestätigt, das Wasser sprudelt mit 1,1 atü aus eige- ner Kraft, es wird sicher rund 60 Grad heiß sein, wenn erst der Abkühlprozess durch die Meßsonde keine Rolle mehr spielt. Also findet die ‚öffentliche Hinrichtung‘ von Landrat Mayer, Bürgermeister Putz und Oberregierungsrat Weber, dem Geschäftsführer, auch nicht statt“. Endgültige Gewissheit gab es am 21. September 1973. Nun war klar, auf welchen Schatz Bohrmeister Jebramzik mit seiner Mannschaft in sagenhaften 1.618 Me- tern Tiefe – die tiefste balneologisch genutzte Quelle in Deutschland , die mit 70 Grad Auslauftemperatur zu den heißesten in ganz Mitteleuropa gehört – gestoßen war. Gewidmet wurde die Quelle dem Birnbacher Ortsheiligen, weshalb sie heute „Chrysan- tiquelle“ heißt. Die Nachricht, dass das Wasser nun eruptiv aus der Erde kommt, platzte mitten in die Einweihungsfeier des neuen Pfarrkirchner Krankenhauses. Es wurde eine der kürzesten Einweihungsfeiern aller Zeiten, denn alle wollten zur Bohrstelle im na- hegelegenen Birnbach. Mitten im Grünen entwickelte sich dort schnell ein erster, reger Badetourismus. Mit Kannen und Kübeln wurde das Wasser nach Hause getragen, die Heilkraft sprach sich schnell herum und wurde Monate später wissenschaftlich nachge- wiesen. Freilich, in der Zwischenzeit besorgte die Birnbacher Jugend alte Badewannen, um dort das Thermalwasser gleich vor Ort zu genießen. Nur zu gerne machte der junge Bürgermeister Hans Putz den Spaß mit und betätigte sich als erster „Bademeister“. Die Erleichterung war riesig. 40 Jahre später erklärte Hans Putz in einem Fernsehinterview an historischer Stelle: „Wir wären politisch erle- digt gewesen, hätte das nicht geklappt“. Der Mut von ihm und von Ludwig Mayer und all jenen, die ihnen vertrauten, wurde belohnt. Von nun an ging es in Birnbach steil bergauf. BOHRUNG UND FUND 1973 6
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