40 Jahre – 40 Bilder
Im benachbarten Füssing, ein Weiler neben der Ortschaft Safferstetten, gab es ebenfalls frühe Bohrungen, und zwar im Jahr 1938. Anders als in Birnbach und anderen Orten stieg dort 56 Grad warmes Wasser mit einem Eigendruck von 5,2 atü (heute würde man „bar“ sagen) auf. Nutzen durfte man das Wasser vorerst aber nicht. Das Reichsbäder- kuratorium hatte dies mit Blick auf Karlsbad, Franzensbad und Marienbad verboten, die das menschenverachtende Regime gerade dem Reich einverleibt hatte. Eine weitere Ent- wicklung konnte also erst nach 1945 beginnen. Das Wasser stand zunächst Angehörigen eines Lagers für Reinigungszwecke zur Verfügung. Die Heilkraft der Therme erkannte man schnell. Das Balneologische Institut an der Universität München errichtete in Füs- sing eine ärztlich geleitete Außenstelle der medizinisch-klimatologischen Abteilung. 1953 kam dann der Durchbruch in Form des Nachweises, hier ideale Voraussetzungen für die Behandlung von Lähmungen, Arthrosen, bestimmten Hauterkrankungen und schließlich rheumatischen Erkrankungen der Muskulatur und der Gelenke vorzufinden. Was die Ent- wicklung in Füssing betrifft, ist der Rest heute Geschichte. Aus demWeiler Füssing neben Safferstetten wurde Europas größter Kurort Bad Füssing – Safferstetten ist heute ein Ortsteil davon. Die Füssinger Geschichte sollte auch die von Birnbach beeinflussen, und das in mehrfacher Hinsicht. Doch der Reihe nach. Bereits 1965 zählte Füssing schon 1530 Gästebetten und über 300.000 Übernachtungen. Jetzt erinnerten sich junge Birnbacher an die eigenen Funde in den Tiefen des Urgesteins. Der Bezirk Niederbayern, als dritte kommunale Ebene eine Besonderheit des Freistaates gegenüber anderen Bundesländern, war dem Zweckverband in Füssing längst beigetreten und half kräftig mit, die Weiterent- wicklung zu steuern und zu forcieren. In Birnbach formierten sich die „Jungen Wilden“ in der Jungen Union, die auf einem Wahlprospekt 1972 „Das heiße Wasser“ thematisierte. Herausragend ist dabei nicht die politische Coleur, sondern der Umstand, dass es wirklich zu einer Bewegung der jungen Menschen kam. Menschen, die für ihre und kommende Generationen bessere Vorausset- zungen einforderten und die Bereitschaft mitbrachten, sich dafür selbst einzubringen und ein Risiko zu wagen. Als Knackpunkt erwies sich, dass Birnbach damals noch zum Landkreis Griesbach gehörte. Dort gab es ähnliche Gedanken, die den Schluss nahelegten, dass drei Thermen in einem Landkreis Passau nebeneinander nicht verwirklicht würden. Birnbach fühlte sich ohnedies im Altlandkreis Griesbach nicht sonderlich wohl. Insofern kam die anstehende, hochemotionale Debatte um eine Gebietsreform gerade zur rechten Zeit. Doch was tun? Hans Putz hatte sich an die Spitze der Bewegung gesetzt und wurde Bürgermeisterkandidat. Seine Idee war es, sich die Grenzen der ehemaligen Großpfarrei zunutze zu machen und dazu noch den Schulsprengel. Der Bau der neuen Verbandsschu- le in Birnbach von 1968 – 1971 erwies sich als wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Freilich brauchte Hans Putz einen Verbündeten. Den fand er in Ludwig Mayer, der als Landrat kandidierte und sich ebenfalls der Idee, ein Thermalbad in Birnbach zu bauen, verschrieb. Beide wurden gewählt und gründeten mit den beiden Gebietskörperschaften paritätisch den Zweckverband Thermalbad Birnbach. Zuvor wurde am 1. Juli 1972 zunächst der Land- kreis Rottal gebildet, in dem die beiden Gemeinden Birnbach und Bayerbach nach langem Kampf eingebunden waren. Es dauerte übrigens bis zum 1. Mai 1973, als die endgültige Namensgebung „Landkreis Rottal-Inn“ spruchreif war. Die neue Großgemeinde Birn- bach, die aus den Altgemeinden Hirschbach, Brombach, Untertattenbach, Asenham, Birn- bach und aus Teilen von Kindlbach besteht, hat ebenfalls seit 1. Juli 1972 Bestand. GEBIETSREFORM, AUFBRUCH UND GRÜNDUNG DES ZWECKVERBAND THERMALBAD BIRNBACH 1939 - 1972 4
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